Schreinermeister Lars Rüddel baut einen Bauwagen zum Tiny House um.

Zukunft des Wohnens

Erste Gehversuche für Tiny Houses in Trier

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AUTOR/IN
Lena Bathge
Lena Bathge ist multimediale Reporterin im SWR Studio Trier

Auch in Trier fasst der Trend zum Tiny House allmählich Fuß. Zwei Schreiner bauen Bauwagen um, auch die Stadt Trier prüft diese Art zu Wohnen. Doch wie realistisch ist das?

Wie wollen wir in Zukunft wohnen? Das ist eine der zentralen Fragen unserer modernen Gesellschaft, die sich Stadtverwaltungen und Immobilienentwickler gleichermaßen stellen müssen. Auch zwei Schreiner, der eine aus dem Hunsrück, der andere aus Trier, haben sich damit befasst und sind auf die gleiche Idee gekommen: Sie bauen Bauwagen zum Tiny House um.

Lars Rüddel hat einem Kollegen vom Bau, der bald in Rente geht, einen Bauwagen abgekauft - zum Spottpreis von 100 Euro. Matthias Kronenberg erzählt: "Meine Freundin und ich haben den Bauwagen online gefunden. Wir sind hingefahren, um uns den mal anzuschauen und haben ihn direkt gekauft."

Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Mitten in der Werkstatt von Matthias Kronenberg steht dieser Bauwagen. Die Außenverkleidung ist bereits neu gemacht, das Dach hat Kronenberg selbst gezimmert. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Dort wo Kronenberg jetzt steht, soll einmal ein ausziehbares Bett hinkommen. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Jeder Zentimeter muss im Tiny House optimal genutzt werden, um möglichst viel Stauraum zu schaffen. Trotzdem bleibt es ein minimalistischer Lebensstil. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Einen Teil des Daches will Kronenberg so bauen, dass dieser sich aufschieben lässt. Damit man im Sommer direkt in den Sternenhimmel schauen könne, so Kronenberg. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Auf das schräge Vordach soll eine Solaranlage kommen, die das Tiny House autark mit Strom versorgt. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Auch Lars Rüddel hat sich einen Bauwagen zugelegt. Er will im Sommer mit dem Umbau beginnen. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Schreiner aus der Region Trier bauen einen Bauwagen zum Tiny House um.
Er plant, die linke Wand zwischen der Eingangstür und dem hinteren Fenster durch Balkontüren zu ersetzen, sodass man vom Bett aus direkt auf die Wiesen hinaus schauen kann. Bild in Detailansicht öffnen

Tiny House mit Schiebedach für warme Sommernächte

Jetzt steht der Bauwagen in Kronenbergs Werkstatt in Trier. Kronenberg hat schon einiges geschafft: Ein großer Teil der Außenfassade ist rundum erneuert. Das gewölbte Holzdach hat er selbst gezimmert. "Das Dach kann man aufschieben, damit man in warmen Nächten direkt in den Sternenhimmel gucken kann", erzählt er mit einem Schmunzeln.

"Das Dach kann man aufschieben, damit man in warmen Nächten direkt in den Sternenhimmel gucken kann."

Jeder Zentimeter seines Tiny House soll optimal genutzt werden. Deshalb lässt sich das Bettgestell tagsüber einklappen, darunter will er einen ausziehbaren Tisch mit Bänken . Auch ein Kompostklo will Kronenberg so möglichst platzsparend in seinem Tiny House verbauen. Kostenfaktor? Kronenberg rechnet bei Vollendung mit etwa 30.000 Euro unterm Strich in Zeit- und Materialkosten.

Minimalistisches Wohnen auf kleinstem Raum

Es ist dieser Gedanke des minimalistischen Wohnens, der die Fans der Tiny Houses eint. Es geht darum, auf möglichst kleinem Raum möglichst effizient zu leben und dabei Ressourcen zu sparen. So soll eine Solaranlage auf dem Vordach von Kronenbergs Bauwagen das Tiny House mit Strom versorgen.

Stadt Trier überprüft Möglichkeiten für Tiny Houses

Platz und Ressourcen zu sparen, das ist durchaus auch im Sinne der Stadt Trier. Erst im Dezember 2022 hatte die FDP-Fraktion im Stadtrat einen Antrag gestellt, die Möglichkeiten für den Bau von Tiny Houses im Stadtgebiet zu überprüfen. Jetzt liegt das Vorhaben beim Bauausschuss, die Ergebnisse stehen noch aus.

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Rechtlich gesehen, unterliegen Tiny Houses, die zum dauerhaften Wohnen vorgesehen sind, den Vorgaben der Landesbauordnung und dem Baugesetzbuch - so wie andere Wohnbauvorhaben auch. "Das bedeutet, man benötigt ein Grundstück, welches grundsätzlich bebaubar ist, eine Baugenehmigung und eine gesicherte Erschließung", heißt es bei der Stadt Trier. Eine Ausnahme stellten Campingplätze dar, auf denen dauerhaftes Wohnen möglich ist. Die gibt es in Trier aber nicht.

Grundsätzlich könnten also bereits jetzt Tiny Houses auf Baugrundstücken oder in Baulücken errichtet werden. "Die Bauberatung bei der Bauaufsicht kann hier eine erste Einschätzung der Bebaubarkeit von Grundstücken geben", so die Stadtverwaltung.

Reiz des Tiny House liegt auch in dessen Mobilität

Aber nicht jeder, der in einem Tiny House leben möchte, möchte sich auch für immer an ein Baugrundstück binden. Denn der Reiz eines Tiny House liegt für viele Fans dieser Lebensweise auch in deren Mobilität. So könne man die eigenen vier Wände immer mitnehmen, auch wenn es für einen Jobwechsel zum Beispiel in eine neue Stadt gehe, meint Lars Rüddel.

"Aktuell geht das aber gar nicht, weil ich mein Tiny House nicht einfach in einem neuen Ort auf eine gepachtete Wiese stellen kann", erklärt Rüddel. Denn ein Tiny House, das nicht an die erschlossene Infrastruktur für Strom und Wasser angeschlossen ist, weil es sich autark versorgt, gilt als sogenannter "fliegender Bau".

"Dieser muss dann aber mindestens einmal im Jahr von seinem Standort weg bewegt werden", sagt Rüddel. "Aber wenn ich drei oder fünf Jahre an diesem Standort leben will, bevor es für mich weitergeht, will ich doch nicht jedes Jahr mein Haus wegen einer Gesetzesklausel hin und her bewegen müssen."

Rechtlich gesehen bleibe das Tiny House so lange ein "fliegender Bau", wie es nicht mit einem Rohr an die Wasserversorgung angeschlossen sei. Sobald der Anschluss besteht, müsse man die gesamte Bürokratie durchlaufen wie bei einem Einfamilienhaus.

Tiny Häuser rechtlich im selben Topf wie Ein- oder Mehrfamilienhäuser

Doch damit ende der Ein-Gesetz-für-alle-Gedanke der Rechtsprechung noch nicht, erzählt der Schreiner aus Kommen im Hunsrück. Auch das Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung greift bei Tiny Häusern genauso wie bei Ein- und Mehrfamilienhäusern. Die gleichen Vorschriften und Kriterien, zum Beispiel bei der Dämmung, müssten beim Bau berücksichtigt werden, so Rüddel.

"Das macht keinen Sinn. Denn zum einen habe ich in einem Tiny House ohnehin schon sehr wenig Platz, da kann ich nicht genauso dicke Dämmschichten einbauen, wie bei einem Einfamilienhaus." Und zum anderen seien Tiny Häuser schon so viel Ressourcen schonender als ein Einfamilienhaus, dass ihre Energiebilanz im Vergleich kaum noch der Rede wert sei. Auch mit einer dünneren Wand und weniger Dämmung.

Brachflächen für Tiny Häuser nutzen

Auch David Becker, Geschäftsführer der EGP Trier, einer Gesellschaft für Immobilien- und Projektentwicklung, betrachtet diese Gesetzgebung kritisch. Tiny Houses seien eine Möglichkeit, der Wohnungsnot in den Städten beizukommen. "Man könnte zum Beispiel Brachflächen nutzen, die frühestens in zehn Jahren als Bauland zur Verfügung stünden, und dort temporär Stehplätze für Tiny Houses anbieten."

Außerdem könne sich aufgrund der aktuellen Lage auf dem Finanzmarkt längst nicht mehr jeder ein großes Eigenheim leisten. Tiny Houses kosten nur einen Bruchteil des normalen Einfamilienhauses. "Natürlich ist der Quadratmeterpreis sehr viel höher bei einem Tiny House, aber die Kosten sind insgesamt trotzdem wesentlich niedriger. Man muss eben nur mit einem stark verkleinerten Lebensstil klarkommen", meint Becker.

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"Es wäre in jedem Fall eine ganz neue Art zu wohnen."

Auch Lars Rüddel und Matthias Kronenberg wünschen sich, dass der Gesetzgeber eigene Regelungen für Tiny Houses entwirft, statt diese in einen Topf mit anderen Gebäuden zu werfen. "Dann könnte man auch über Tiny Dörfer nachdenken", hofft Kronenberg. "Jeder hat sein eigenes kleines Grundstück für sein Tiny House, aber daran angeschlossen ist zum Beispiel auch ein Gemeinschaftshaus, vielleicht sogar ein Gemeinschaftsgarten. Es wäre in jedem Fall eine ganz neue Art zu wohnen."

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