Ein Feuerwehrmann geht durch eine Straße voller Trümmer und im Hintergrund sieht man die Ahr

Staatsanwaltschaft zum Stand der Ermittlungen

Sachverständiger: Ausmaß der Flut im Ahrtal war nicht abzusehen

Stand

Ein hydrologisches Gutachten entlastet die Verantwortlichen in der Flutkatastrophe im Ahrtal möglicherweise. Demnach war das Ausmaß des Hochwassers nicht absehbar.

Seit gut 14 Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), und einen weiteren Beschuldigten wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung im Amt. Haben sie die Menschen im Ahrtal zu spät gewarnt? Haben sie schon frühzeitig gewusst, wie viel Regen herunterkommen und welche Wassermassen durchs Ahrtal schießen werden?

Erst am Abend realistische Hochwasserprognose für Ahrtal

Ein Wasser-Sachverständiger hat nun sein Gutachten zu diesen Fragen vorgelegt. "Die Komplexität der Sturzflut vom 14. und 15. Juli sei im Vorfeld nicht abzusehen gewesen und habe sich auch nicht durch Modellierungen prognostizieren lassen", fasst die Staatsanwaltschaft aus dem Gutachten des Sachverständigen zusammen. Im Klartext: Wie viel Regen im Einzugsgebiet der Ahr runterkommen würde, wussten die Meteorologen nicht.

Am späten Vormittag des 14. Juli habe sich zwar ein Hochwasser wie 2016 abgezeichnet. Mit welchen Pegelständen zu rechnen sei, dazu habe aber erst ab 20:22 Uhr eine realistischere Prognose vorgelegen. Diese Warnung des Landesamtes für Umwelt sei damit erst nach Eintritt des Hochwassers am Oberlauf der Ahr erfolgt.

Der Deutsche Wetterdienst und andere meteorologische Institutionen hätten zwar schon drei Tage vorher entsprechende Regenmengen angekündigt, aber für das Ahrtal habe es keine konkrete Vorhersage gegeben. Erst kurzfristig sei klar gewesen, wo genau das Regenband niedergehen werde.

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Gutachter: Ereignis war eine "Sturzflut"

Hätte sich das Regenband nur geringfügig verschoben, so das Gutachten - und wäre das Ahrtal dadurch weniger betroffen gewesen, dann hätte dies erheblich andere Regenmengen zur Folge gehabt. Wie sich das Regenband bewegt, sei aber tatsächlich erst kurzfristig klar gewesen. Auch das Ausmaß der Zerstörung bei der Flut im Ahrtal sei nicht absehbar gewesen. Das Ereignis habe sich nicht durch Modellierungen prognostizieren lassen, heißt es im Gutachten.

Große Mengen an Treibgut seien flussabwärts transportiert worden, was an zahlreichen Brücken zu "Verklausungen", also Sperren, geführt habe. Als diese Stauungen aufgebrochen seien, sei es lokal zu "schwallartigen Wellen" gekommen. Auch die hohe Fließgeschwindigkeit in bebauten Gebieten habe eine Rolle gespielt.

Staatsanwaltschaft verfasst Abschlussbericht zur Flutkatastrophe

Die Staatsanwaltschaft Koblenz teilte mit, die Ausführungen des Gutachters würden die Vermutung bestätigen: Die Flut im Ahrtal war nicht einfach nur ein "Hochwasser", sondern viel komplexer. Dazu werde nun auch das hydrologische Gutachten genau analysiert und mit anderen Ermittlungsergebnissen und den Erkenntnissen aus dem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Landtag ausgewertet.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz arbeitet an ihrem Abschlussbericht zu den Ermittlungen. Wann er vorliegen werde, sei aber noch unklar. Die Ermittler prüfen demnach noch, ob gegen andere als die bisher beschuldigten Personen Ermittlungen einzuleiten seien. Bisher sei dies nicht der Fall.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemaligen Landrat Pföhler

Bei der Flut haben 134 Menschen ihr Leben verloren. Das Handeln von Ex-Landrat Pföhler beschäftigt neben der Staatsanwaltschaft auch den Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags. Dort geht es unter anderem auch um die Frage, warum die Bevölkerung nicht früher gewarnt wurde. Pföhler hat laut Zeugenaussagen im Ausschuss offenbar recht früh gewusst, dass sich eine Katastrophe anbahnt.

Nach der Flutkatastrophe im nördlichen Rheinland-Pfalz hatte sich herausgestellt, dass die Technische Einsatzleitung (TEL) im Landkreis Ahrweiler in der Flutnacht überfordert war. Der damalige Landrat Pföhler war nach Angaben von Mitgliedern der TEL kaum erreichbar.

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SWR